Referenz ur Sicherung einer verunsicherten Hündin

 

Lieber Herr Krannich,
 
auf diesem Wege möchten wir uns noch einmal ausdrücklich und von ganzem Herzen bei Ihnen für Ihre professionelle Unterstützung in der letzten Woche bedanken!!! Ich erinnere mich noch sehr genau an unser erstes Gespräch am 02.02.20, ein Sonntag um neun Uhr in der Früh…
 
Ruhe bewahren, Futterstellen einrichten, Futterspur legen, die Hunde laufen im Quadrat, nicht Suchen, 1 Minute am Entlaufungsort reicht aus, damit der Hund zurückkommt…. Nachtrag: Meine Danksagung ist nun länger als geplant geworden, aber die ganzen Eindrücke und Erinnerungen sind noch sehr frisch und nachhaltig. Wer nicht alles lesen möchte, dem empfehle ich ans Ende zu springen.
 
Was war passiert? Schon länger bestand der Wunsch, wieder einen größeren Hund in unser bestehendes Rudel aufzunehmen. Am liebsten wieder etwas mit Schäferhund, aber passen muss es… So guckte ich von Zeit zu Zeit die Inserate durch. Dann entdeckte ich „ACDC“, kurz „Acy“, ihr waches, kluges Auge und ihre Schönheit, haben mich sofort angesprochen. Am nächsten Tag habe ich mit ihrem Besitzer telefoniert, um mehr über Acy zu erfahren und festzustellen, ob Acy auch zu uns passen würde. Einige Tage später, am Freitag, 31.01.20 haben mein Mann, eine Freundin und ich uns auf den Weg in das ca. 270 km entfernte Leipzig gemacht. Acy´s Züchter und Besitzer hatte noch mehrere Hunde zum Verkauf und unsere Freundin wollte auch mal „gucken“. Keine Sorge, wir reden hier nicht von einem fliegenden Hundehändler, das war bereits im Vorfeld geklärt und diesen Eindruck hatten wir zu keiner Zeit! Es passte alles, und so sind wir mit ACDC der knapp 2-jährigen Malinois / X Mechelaar Hündin, sowie „C4“, jetzt Charly, einem wunderschönen X – Herder Rüden im gleichen Alter fröhlich nach Hause gefahren. Nur „gucken“ reichte zum Verlieben bei unserer Freundin aus. Nach der Ankunft haben wir einen kurzen gemeinsamen Spaziergang gemacht, Charly war bekanntermaßen noch etwas zurückhaltend, aber Acy war mir gegenüber sehr aufmerksam.
 
Am nächsten Morgen um 7 Uhr in der Dunkelheit, wollte ich Acy zum Lösen auf eine komplett eingezäunte Rasenfläche führen. Also Leine ran und die 5 m aus der Haustür raus… Plums, da lag ich, ausgerutscht mit meinen Schlappen auf den feuchten Steinen, Hund verjagt sich, zögert nur den Bruchteil einer Sekunde und verschwindet mit hoher Geschwindigkeit über die Straße in den Wald – mit Leine… Nach kurzem hinterherlaufen in meinen Schlappen, ohne Licht und Telefon, bei Regen ohne jegliche Reaktion auf mein Rufen (wenn auch nicht oft ) musste ich recht schnell feststellen, dass diese Verfolgungsjagd nicht von Erfolg gekrönt sein würde. Also zurück, meinen Mann informiert und dann mit der richtigen Kleidung und dem richtigen Schuhwerk erneut auf die „Suche“ gemacht, instinktiv glücklicherweise ohne lautes Rufen, sondern vielmehr, um Ausschau zu halten. 8 Uhr – es wird langsam hell, keine Spur von Acy. Aufgrund der in ca. 1.000 m entfernten stark befahrenen Straße und in 300 m Entfernung die Bahnlinie – habe ich bereits jetzt die Polizei informiert. Kurz darauf gab es den ersten Hinweis via Polizei, Hund läuft an der Hauptstraße auf und ab, mein Mann mit dem Auto und ich mit dem Fahrrad von beiden Seiten hinterher. Kurz darauf die erste Sichtung in ca. 200 m, angehalten, gewartet, gerufen. Acy ergreift die Flucht. Kurz darauf haben wir sie noch zweimal gesehen, aber bei ihr schien ein Schalter „umgelegt“ zu sein. Zurück nach Hause, inzwischen war es schon fast mittags, habe ich Acy´s Vorbesitzer von meinem Unglück berichtet, sie bei Tasso registriert und gleich als vermisst gemeldet und im Laufe des Nachmittages auch das örtliche Tierheim. Freunde und Passanten haben Suchmeldungen in den sozialen Netzwerken erstellt. Samstagnachmittag gab es über die Polizei einen Hinweis, demnach ist sie ca. 3.5 km nördlich gesehen worden. Dem sind wir nachgegangen – ohne Sichtung. Abends spät sind wir die Gegend erneut abgefahren – zwar immer, ohne den Hund zu rufen und mit ausreichend Futter dabei. Die Sorge, sie hängt irgendwo fest, war enorm hoch. Es schien, als sei auch bei mir ein Schalter „umgelegt“, ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Obwohl mir schon einige Male ein Hund „abgehauen“ war oder nicht unmittelbar nach dem ersten Ruf zurückgekommen ist – so sind sie doch alle kurze Zeit später wieder aufgetaucht… Diese Situation war jetzt komplett anders.
 
Hund neu, keine Bindung, kennt sich nicht aus, was ist, wenn ein Unfall passiert, Schuldgefühle – auch dem Vorbesitzer gegenüber. Bei ihm ist Acy schließlich geboren und hat dort die letzten zwei Jahre verbracht…. Über die Kollegin einer Freundin sind Sie, Herr Krannich mir empfohlen worden. Ein kurzer Blick auf Ihrer Homepage, gab mir ein gutes Gefühl und habe Sie schlechten Gewissens Sonntag um 9 Uhr morgens angerufen. Ihre ruhige, professionelle Gesprächsführung haben mir schon in diesen 10 Minuten ein vertrautes Gefühl gegeben. Leider war mein Kopf noch nicht klar genug, alles 100% zu verstehen und umzusetzen. So bin ich also wieder mit dem Fahrrad gemeinsam mit einer Freundin losgeradelt in die Ecke, wo sie zuletzt gesehen wurde. Tatsächlich finden wir Acy zusammengekauert zwischen Lärmschutzwand und den Bahngleisen, sie kommt vorsichtig auf die Gleise, grob in unsere Richtung auf der anderen Seite der Gleise. Unser Gespräch, Herr Krannich, war mir noch gut in den Ohren, tief durchatmen, nicht ansprechen, Ruhe bewahren etc. Fahrräder an die Seite, Futter rausgeholt, der Hund muss zu mir kommen und nicht umgekehrt hörte ich sie sprechen….
Leider gingen die Schranken in 400 m Entfernung runter, danach haben wir maximal 3 Minuten Zeit und der Hund steht noch irritiert auf den Gleisen. Außerdem fährt auch am Wochenende ca. alle 10 Minuten ein Zug. So habe ich einen Schritt auf den Hund zugemacht. Das war´s dann, die Hündin lief deutlich geschwächt weg. Zumindest war sie aber nicht mehr auf dem Bahngleis. So ein Mist, wäre es nur eine andere Stelle gewesen, hätte ich mich mit genügend Abstand hinlegen können und gewartet, bis sie zu mir kommt. So haben wir aber Futterspuren bis nach Hause gelegt und auch dort Futterplätze eingerichtet. Abends haben mein Mann (selbst Tierarzt mit ausreichend Hundeerfahrung auch bei sogenannten „Problemfällen“) und ich uns entschlossen, weiterhin Ihre Hilfe in Anspruch zu nehmen. Schon kurz nach meiner Nachricht haben Sie mich kontaktiert und wertvolle Ratschläge gegeben. Im Laufe des Gespräches stellten wir fest, dass wir die gleichen Ansichten teilen. Am nächsten Tag versucht Acy tatsächlich wieder nach Hause zu laufen, immer noch die Leine im Schlepptau… Auf 200 m Entfernung habe ich ihr auf Knien angeboten zu mir zu kommen, aber sie hat sich für die Flucht entschieden. Der Versuch mit Charly anzudocken ist fehlgeschlagen, wir haben auch sofort abgebrochen. Zwei Stunden später versucht sie erneut nach Hause zu kommen. Diesmal halten wir die Füße komplett still und beobachten die Rückkehr lediglich mit dem Fernglas aus dem Fenster. Leider war zu diesem Zeitpunkt das große Gassigehen (das ist kein Vorwurf…) und Acy ist nun in die andere Richtung geflüchtet. In der Zwischenzeit hat mir die Kollegin meiner Freundin zwei Wildkameras geliehen und wir haben diese wie besprochen aufgestellt, die Türen teilweise aufgelassen etc. Dienstag früh erhalte ich die Info von einem helfenden Hundefreund, dass Acy nachts über die Hauptkreuzung einer vierspurigen Bundesstraße gelaufen ist und für einen Polizeieinsatz gesorgt hat…. Daraufhin habe ich auch diese Dienststelle informiert sowie eine weitere, je nachdem in welche Richtung Acy nun unterwegs war.
Mittwoch wurde Acy mehrfach in dem „neuen“ Gebiet gesehen. Inzwischen hatten wir mehr oder weniger ein kleines Team mit helfenden Händen und Sachverstand gebildet. Es wurden diverse Futterstellen dort eingerichtet. Donnerstag: Keine Sichtung, heißt aber auch, wenn man nichts hört, muss dies nicht unbedingt schlecht sein. Unsere kleine Spezialeinheit beschließt, Freitag Pansen zu besorgen, um diesen großflächig auszulegen, Fährte ziehen zu einer für eine Falle geeigneten Stelle mit Kameraüberwachung. Mein Verstand funktioniert schon wieder recht gut und ich kann halbwegs schlafen. Es war mir inzwischen völlig klar geworden, was wir mit der „Sucherei“ angerichtet haben und dass zu viele Mitsucher mehr Schaden anrichten, als dass diese dem Hund helfen. Das Gespräch mit Ihnen, Herr Krannich hat mich auch nochmal beruhigt, schließlich hat Acy inzwischen so viele Gefahrensituationen gut gemeistert, die ist schlau und passt auf sich auf. Auch das 80-90% der Hunde in dieser Ausnahmesituation die Leine durchbeißen. Mir wird bewusst, dass man zwar schon sein ganzes Leben Hunde gehalten hat und das sind inzwischen über 40 Jahre, aber man weiß doch so wenig…. Freitagvormittag haben wir dann umgehend mit der Umsetzung begonnen und jeden Schritt und jede neu eingerichtete Futterstelle wohl bedacht. Jetzt hieß es abwarten. Freitag am frühen Nachmittag erhielt ich den vagen Hinweis, dass ein großer brauner Hund gesichtet wurde. Soweit so gut, dachten wir uns, dann scheint sie noch in der Nähe unserer neuen Futterstellen zu sein, die auf Grund des geringeren Verkehrs und Fußgängern sicherlich besser geeignet sind als in Richtung Heimat, zumal sie dafür die Bundesstraße erneut hätte überqueren müssen. Als wir gegen Abend die Futterstellen kontrollierten und weitere „Fährten“ auslegten in Form von Rinderbrühe und Pansensaft erhielt ich den erlösenden Anruf der Polizei. Der Hund ist ca. 5 km weiter zufällig von einem sehr aufmerksamen Landwirt und Hündin Bella in der Flussböschung entdeckt worden – dieser hat den gleichen Nachnamen wie Acy´s Vorbesitzer, das schien ein gutes Omen zu sein. Er dachte zunächst der Hund wäre ausgesetzt wegen der Leine, die sich um die Büsche gewickelt hatte. Acy konnte sich aber bereits aus dem Halsband befreien, welches inzwischen ein wenig „groß“ geworden war.
 
Jetzt hieß es absolute Ruhe zu bewahren, ein kurzer Anruf bei Ihnen, Herr Krannich hat mir in diesem Moment noch einmal geholfen, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, obwohl wir es vorher ja schon durchgesprochen hatten. So robbte ich mich auf dem Bauch liegend mit frischem Pansen ausgestattet vorsichtig in Richtung Acy, die mich freudig anknurrte… Ok, nicht gucken, sprechen, beachten, nur warten und entspannt bleiben. Vorsichtig konnte ich ihr ein paar kleine Pansenstücke zuwerfen. Es dauerte nun gar nicht mehr so lange, bis sie nicht mehr widerstehen konnte. Jetzt bloß nichts überstürzen, Ruhe bewahren… letztendlich konnte ich Acy selbst ohne Stress sichern.
Ihr Zustand war ausgesprochen gut, sie hatte etwas abgenommen, aber war unverletzt und ausgesprochen kuschelig als wir endlich zu Hause waren!
 
Nun sind bereits zwei Tage vergangen und wir beiden haben uns schon gut angefreundet. Die Fütterung mache ich wie empfohlen in nur kleinen Mengen über den Tag verteilt direkt aus der Hand. Mit meiner doch recht ausführlichen Geschichte möchte ich deutlich machen, wie wichtig es ist umgehend richtig zu handeln, vor allem Ruhe und einen funktionierenden Kopf zu bewahren. Nicht zu viele Personen involvieren, Polizei, Tierheim, Tasso, Jagdpächter ect. informieren sollte ausreichen. In unserem Fall war es gemischt, durch die Bekanntmachung in den sozialen Netzwerken konnten wir noch zwei tatkräftige Helfer gewinnen.
 
Aber Vorsicht, nicht jeder „Tierschützer“ schützt das Tier . Auch wenn am Ende alles gut ausgegangen ist, bin ich davon überzeugt, daß Acy schneller wieder bei uns gewesen wäre, wenn ich von Anfang an einen kühleren Kopf bewahrt hätte, wie sonst auch in Krisensituationen… Hier war ich anfangs regelrecht konfus. Nun ist meine Danksagung doch länger geworden, als ich dachte… Ich hoffe aber sehr, dass dies genügend Hundebesitzer lesen, bevor sie in eine ähnliche Situation kommen und nicht die gleichen Fehler wie ich machen.
 
Herr Krannich, wir sind Ihnen unendlich dankbar für Ihre Geduld, Gelassenheit sowie Ihre sach- und fachkundige Betreuung in der letzten Woche und wir freuen uns schon jetzt darauf, Sie persönlich kennenzulernen.
Juliane und Dr. Ralf Backhus
 
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