Der Begriff „Angsthund“ hat es in Tierschutzkreisen innerhalb der letzten Jahre zu trauriger Berühmtheit gebracht. Weil jedoch der Angsthund in der breiten Öffentlichkeit noch weithin unbekannt ist, bzw. einfach gedacht wird dass diese Hunde nur Angst vor Dingen haben oder schüchtern sind, möchte ich die Menschen für dieses Thema sensibilisieren.
Gemeint mit Angsthunden sind die Tiere, die Menschen und der Umwelt gegenüber niemals sozialisiert worden. Meist kommen die Hunde aus dem Ausland, es können jedoch auch Hunde aus Animal-Hoarding-Beständen oder aus deutschen Massenzuchten sein. Und nicht vergessen darf man die Welpen, die in ausländischen Auffanglagern oder bei gut meinenden Hinterhof-Tierschützern aufwuchsen.
Nun bleiben wir erst einmal bei dem erwachsenen Hund aus dem Süden oder Osteuropa, der bisher ein völlig freies wenn vielleicht auch karges Leben gewohnt war. Er wurde gegen seinen Willen eingefangen, in ein Auffanglager oder Pension gebracht (für viele Wochen bis der Impfschutz steht oder sogar noch länger) und dann mit Flugzeug oder Auto nach Deutschland gebracht. Ist er dort nun nach großen psychischen Strapazen angekommen, wird er im besten Fall an eine erfahrene Pflegestelle abgegeben. Häufig landet der Hund jedoch gleich an seiner Endstelle, wo die recht ahnungslosen Besitzer schnell mit der Situation überfordert sind. Nun denken Sie sich einmal in den Hund hinein, was er in den letzten Wochen alles erlebt hat. Das Einfangen, die „Zwischenlagerung“, die lange Reise in einer Transportbox, immer wechselnde Bezugspersonen bzw. Menschen die ihm fremd sind und Angst einflößen. Dann die Ankunft im neuen Zuhause, dabei haben viele Hunde noch nie ein Haus von innen gesehen, geschweige denn sind an einer Leine spazieren gegangen. Und nun soll der Hund sich über die „Rettung“ freuen und Dankbar sein? Überlegen Sie doch einmal, die Hunde wurden in ihrem Heimatland vertrieben, gejagt oder auch gequält. Dabei haben sie gelernt, den Menschen als Feind zu sehen, und sich durch die Flucht seinen Zugriff zu entziehen.
Vielleicht verstehen Sie nun, das Verhalten ihres Hundes oder zukünftigen Hundes etwas besser. Auch wird häufig gesagt, der Begriff Angsthund ist nicht richtig, sondern es müsste heißen umwelt- und menschenungewohnter Hund. Dabei findet ich die Begriffsbezeichnung gar nicht so wichtig, sondern dass man versteht, warum der Hund so reagiert. Er wurde schließlich nicht gefragt, ob er in dieses Land zu uns kommen möchte… Oder auch anders gesagt:
„Wir sprechen zu unserem Hund, aber nicht mit Ihm.“
Um Ihnen aber auch wieder Mut zu machen, wenn Sie bewusst oder auch unbewusst zu einem Angsthund gekommen sind. Fast alle Hunde haben die Fähigkeit, sich auf neue und ungewohnte Situationen einzustellen. Lassen Sie ihrem Hund Zeit, sich an die neue Umgebung und vor allem auf „seine“ neuen Menschen einzustellen. Wenn er merkt, dass Sie keine feindlichen Absichten haben, hat der Hund eine gute Chance auf ein normales und angstfreies Hundeleben.